Lehre

Kreativmethode S.C.A.M.P.E.R. + X

Ist Kreativität eine angeborene Fähigkeit? Kann man Kreativität erlernen, entfesseln, stärken, weiterentwickeln? Gibt es Handlungen, Tätigkeiten, die Kreativität befördern? Ja, ja und ja. Kreatives Handeln, Ideenfindung für Innovationen, z.B. für neue Produkte oder die Entwicklung origineller Verbesserungsideen, z.B. für Geschäftsprozesse, all dies gehört heute in vielen Bereichen zur täglichen Herausforderung – für Menschen in kreativen Berufen ist es die Grundlage ihres Tuns.

Zudem gehört Kreativität neben Problemlösungsfähigkeit, Unternehmerischem Handeln & Eigeninitiative, Adaptionsfähigkeit und Durchhaltevermögen zu den klassischen „Future Skills“ (vgl. Stifterverband / McKinsey 2019).

In meinen Veranstaltungen mache ich Studierende mit verschiedenen Kreativitätstechniken vertraut: Mit den basics, wie Brainstorming, Mindmapping und verschiedenen Visualisierungsmethoden, aber auch mit kombinatorischen Verfahren, wie z.B. S.C.A.M.P.E.R. + X. Scamper ist ein Akronym: S steht für Substitute, C für Combine, A für Adapt, M für Modify, P für Put to other uses, E für Eliminate, R für Rearrange und X – darauf komme ich später.

Mithilfe einer Reihe von öffnenden Fragen können Ideen, die im brainstorming entwickelt worden sind, verwandelt, verfielfältigt und innoviert werden. Denn viele Ideen erhöhen die Chance, DIE Idee zu entwickeln, die umsetzbar, finanzierbar, annehmbar, nützlich, wirklich innovativ ist – all die Kriterien erfüllt, die im jeweiligen Projekt eine Rolle spielen.

Und so funktioniert S.C.A.M.P.E.R. + X

Angenommen eine Idee, die entwickelt worden ist heißt: türkisfarbener Schwimmring aus Plastik. S steht für Substitute, ersetzen. Die öffnenden Fragen sind: Was kann ersetzt werden? Was kann stattdessen benutzt werden? Welches andere Material kann stattdessen benutzt werden? Aus Plastik wird Edelstahl, aus dem Schwimmring eine Skulptur.

C steht für Combine. Was kann kombiniert werden? Welche Zusatzfunktion ist möglich? Welche Zwecke können kombiniert werden? Schwimmring mit Sonnenschirm.

A steht für Adapt: Welche andere Ideen suggeriert das Objekt? Gibt es etwas Ähnliches, das auf die bestehende Aufgabe angewendet werden kann? Gibt es einen Nutzen für den das Objekt angepasst werden kann? Ein Schal, ein Sitzkissen?

M steht für Modify: Welche Veränderungen können vorgenommen werden? Kann die Bedeutung verändert werden, kann die Farbe verändert werden? Kann die Idee vergrößert oder verkleinert werden? Zu einem Heißluftballon oder einem Fingerring?

P steht für Put to other uses: Wofür könnte das Produkt im jetzigen Zustand noch eingesetzt werden? Wofür könnte es eingesetzt werden, wenn es verändert würde? Als Hundekorb?

E steht für Eliminate oder weglassen: Was könnte weggelassen werden? Ohne was würde das Objekt auch funktionieren? Ohne Öffnung wird aus dem Schwimmring ein Ball.

R steht für Rearrange: Welche anderen Muster würden auch funktionieren? Welche Veränderungen können eingeführt werden? Was kann ausgetauscht werden oder hinzugefügt und neu angeordnet? Aus dem Schwimmring wird ein schwimmendes Einhorn.

Und zuguterletzt das X. Das X steht für digitalisieren. Wie kann die Idee mithilfe von Technologie ins 21. Jhdt. geholt werden? Mit einem Sensor könnte die Wassertemperatur gemessen werden? Oder mithilfe eines smarten Materials die Gefühle der NutzerIn visualisiert?

Ergebnis
Wenn wir uns das Ergebnis anschauen, stellen wir fest, dass durch die Anwendung der öffnenden Fragen aus einer Idee zehn weitere entstanden sind. Das heißt es besteht die Möglichkeit die Quantität der Ideen deutlich zu erhöhen – und damit die Chance etwas wirklich passendes zu entwickeln.

Manchmal passt eine Frage nicht: Das macht nichts! Es geht bei Scamper nicht um Vollständigkeit, sondern es geht darum das Denken zu stimulieren und einen Prozess in Gang zu setzen. Wenn der Prozess abgeschlossen ist kann das Ergebnis mithilfe von weiteren Fragen reflektiert werden.

Darüber hinaus ist nach einer intensiven Input Phase das Abarbeiten von Alltäglichem oder Bewegung, wie z.B. Spazierengehen ein guter Katalysator für Kreativität. Oft finden wir genau dann etwas, wenn wir gar nichts suchen.

Hochschulen: RMIT, Vietnam / HTW, Berlin
Jahr: 2016 – 2020